Austernpilze an einem Buchenstamm
9. Januar 2013
Von weiter unten und mit Blitz aufgenommen
9. Januar 2013
Davon habe ich etwa die unteren zwei Drittel geerntet:
Meine erste Ernte eigener Austernpilze, etwa so viel wie zwei Packungen
aus dem Geschäft.
9. Januar 2013
Zwei Wochen später will ich das restliche Drittel ernten. Inzwischen
liegt Schnee darauf, von dem ich sie erst mal befreie.
23. Januar 2013
Die Pilze sind hart gefroren, so dass ich kein Messer brauche, sondern
sie vom Holz abbreche. Im Haus taue ich sie dann auf und schneide
stellenweise mit abgegangene Rinde weg.
23. Januar 2013
Geimpft hatte ich diese Stämme schon im Sommer 2009. Die ersten
größeren Pilze sind im Spätsommer/Herbst 2012 gewachsen,
aber ich habe sie nicht gleich geerntet - und dann waren sie zu alt.
Die abgebildeten müssen im Spätherbst gewachsen sein, aber
ich habe sie erst im Januar entdeckt. Bei der Kälte verändern
sie sich kaum und man kann sie ernten wann man will. Ich hätte
nicht damit gerechnet, mitten im Winter Austernpilze ernten zu können,
noch dazu meine ersten.
Der Stamm trägt nur an einer Seite Austernpilze. Teilweise waren
andere, ungenießbare Pilze schneller und haben das Holz besiedelt,
auch bei anderen Stämmen, siehe z.B. oberstes Bild, rechter Stamm
im Hintergrund.
Gründe dürften sein:
- dass es ein kranker Baum war, dessen Holz vor dem Fällen teilweise
schon von einem Pilz durchwachsen war.
- Beschädigungen in der Rinde
- die Stirnflächen
- meine fehlende Erfahrung |
Austernpilze
(Austernseitlinge, Kablbfleischpilze, Pleurotus ...)
Diese Pilze sind bei uns heimisch und man kann sie zuweilen auf abgestorbenem
Laubholz, z.B. am Boden liegenden Buchen finden. Sie sind aber auch relativ
einfach zu kultivieren.
Arten
Winterausternseitling (Pleurotus columbinus)
Dieser braucht Kälte, bevor er Fruchtkörper bildet. Es ist wohl
die Art, die in unseren Wäldern wächst und auch jene rechts
auf den Bildern. Das Bestechende daran ist, dass man Pilze im Winter ernten
kann.
Sommerausternseitling (Pleurotus ostreatus)
Diese Art gedeiht ohne die Kälte, also auch im Sommer.
Im kommerziellen Anbau ist das mit der oben genannten Kälte nicht
so praktikabel, weshalb hier die Sommer-Arten zum Einsatz kommen.
Anbau auf Holzstämmen
Geeignet sind verschiedene Laubholz-Arten (Buche, Ahorn, Pappel, Weide,
Birke, Esche, Erle, Eiche ...). Frisches gesundes Stammholz hat den Vorteil,
dass es unter der Rinde steril ist. Es sind also noch keine anderen Pilze
im Holz. Schließlich geht es darum, dass möglichst das ganze
Holz vom Myzel des gewünschten Pilzes durchwachsen wird und nicht
von allerlei unerwünschten Pilzen. Am besten ist es, wenn man schon
beim Fällen des Baumes und beim Transport u.ä. darauf achtet,
dass die Rinde möglichst wenig beschädigt wird, z.B. mit der
Kettensäge beim Entasten (evtl. lieber etwas vom Ast dran lassen).
Es heißt, dass ganz frisches Holz die Pilzbrut abwehrt und man das
Holz wenigstens drei Wochen liegen lassen soll (oder auch zwei Monate
nach einer anderen Quelle). Dagegen spricht, dass in der Zwischenzeit
unerwünschte Pilze das Holz besiedeln könnten. Ich tendiere
daher im Moment dazu, lieber nicht lang zu warten. Die Pilzbrut kann ja
notfalls selbst so lange in den Holzdübeln o.ä. abwarten (oder
eben doch schon ins Holz wachsen). Schließlich liest man andererseits,
dass sogar lebendes Holz geimpft werden kann, z.B. stehen gelassene Baumstümpfe
oder Stammstücke.
Zum Impfen besorgt man sich Pilzbrut, z.B. in Form von Holzdübeln,
die mit dem Myzel durchwachsen sind. Dann bohrt man in den Holzstamm rund
herum verteilt Löcher und drückt die Dübel hinein. Dabei
soll man möglichst sauber arbeiten. Die Verpackung der Pilzbrut wird
erst direkt vor Verwendung geöffnet und nur möglichst wenig.
Ich bohre ein Loch, entnehme einen Impfdübel mit einer sauberen Pinzette,
stecke ihn in eine Bohrung und klopfe ihn mit einem sauberen Hammer hinein.
Die Stelle habe ich bisher mit etwas flüssigem Bienenwachs verschlossen
(es gäbe aber andere Möglichkeiten, wie anderes Wachs, Klebeband,
evtl. sogar offen lassen?). An der Zahl der Impfstellen sollte man nicht
zu sehr sparen, damit der Stamm schnell genug durchwachsen wird. Trotzdem
bohre ich immer nur ein bis höchstens drei Löcher auf einmal,
damit kein Schmutz hinein fällt. Falls verletzte Stellen in der Rinde
sind (Beschädigung oder abgesägter Ast), verwende ich diese
vorzugsweise für's Impfen und impfe hier auch in geringeren Abständen
als bei unbeschädigter Rinde.
Die Pilzbrut braucht dann bei Hartholz etwa zwei Jahre, um das Holz zu
durchwachsen, und bevor man mit den ersten Pilzen rechnen kann. Das Holz
muss feucht bleiben. Deswegen wird das Stammholz häufig in Meterstücke
geschnitten, welche dann hochkant etwa zu einem Drittel in die Erde eingegraben
werden. (So habe ich es auch gemacht, siehe Bilder.) Der Nachteil ist
aber, dass an den Schnittflächen unerwünschte Pilze eindringen
können. (Ich habe es mit Wachs und mit Kunststofffolie über
der Schnittfläche versucht, aber beides konnte Fremdpilze nicht verhindern.)
Eine Abhilfe könnte es sein, die Stämme möglichst lang
zu lassen. Damit sie feucht bleiben, lässt man sie einfach im Schatten
am Boden liegen. Wenn sie nicht satt aufliegen, sondern hohl, kann man
Erde anschütten oder Laub. Wenn es nicht feucht genug ist, könnte
man langes gemähtes Gras darüber legen (als Ersatz für
die manchmal genannten Jutesäcke).
Ernten kann man dann bei Hartholz mehrere Jahre lang, insgesamt etwa ein
Drittel des Holzgewichtes! Bei weichem Holz beginnt die Ernte früher,
hält aber auch nicht so lange an.
Anbau auf Stroh
Man kann Strohballen in Wasser einweichen und mit Pilzbrut beimpfen. Da
das Stroh viel schneller vom Pilzmyzel durchwachsen werden kann, beginnt
die Ernte schon nach einigen Wochen. Das ist eine Möglichkeit, um
nicht so lange auf die ersten Pilze warten zu müssen. So kann man
den Ertrag besser beeinflussen und planen.
Es ist aber nicht immer einfach, geeignetes Stroh zu bekommen, denn es
sollte keine Pestizide enthalten (z.B. Fungizide die im Getreideanbau
allerlei Pilze bekämpfen sollen, sind wohl keine gute Bedingung für
eine Pilzzucht), aber auch nicht von Pilzen (Schimmel o.ä.) befallen
sein.
Ich kann mangels Erfahrung nicht viel mehr dazu sagen.
Anbau auf Gras/Heu?
Wenn es mit Stroh geht, könnte es mit hohem, gemähtem Gras auch
klappen, denke ich mir. Mein erster Versuch mit einem Gras/Heu-Ballen
hat nicht funktioniert. Wahrscheinlich war er zeitweise zu nass oder zu
trocken.
Pilzbrut selbst vermehren und gewinnen
Um Substrat frei von Fremdpilzen zu bekommen, genügen 100°C nicht,
aber die Temperatur in einem Schnellkochtopf (120°C ?) reicht meist
aus. Ich nehme also einen Schnellkochtopf und einige Schraubgläser,
die zusammen in diesen hinein passen. Ich fülle die Schraubgläser
z.B. mit Sägespänen von Buchenholz. Um die Späne zu befeuchten
fülle ich Wasser ins Glas und gieße das meiste wieder ab. Die
verschlossenen Gläser kommen in den Topf und dazu ein paar Zentimeter
hoch Wasser. Dann werden die Gläser im Topf unter Dampfdruck erhitzt
(etwa so als würde man Kartoffeln kochen). Zehn Minuten sollte der
volle Dampfdruck bestehen (länger schadet auch nicht). Danach kühle
ich den Topf nicht, sondern lasse ihn langsam auskühlen.
In die ausgekühlten Gläser kommt nun oben jeweils etwas vorhandene
Pilzbrut. Das ist der schwierigste Teil der Arbeit, denn es muss so sauber
wie möglich gearbeitet werden, damit möglichst keine Sporen
unerwünschter Pilze in die Gläser gelangen (die mehr oder weniger
allgegenwärtig sind). Es beginnt schon damit, dass ich den Schnellkochtopf
nicht früher als nötig öffne, denn so lange bleiben die
Gläser auch außen keimfrei. Um die Pilzbrut zu greifen brauche
ich eine Pinzette, deren Spitze ich an einer brennenden Kerze erhitze
und kurz abkühlen lasse. Schließlich muss ich jeweils ein Schraubglas
öffnen, etwas Pilzbrut auf die Späne legen und das Glas sogleich
wieder schließen.
In den nächsten Tagen kann man beobachten, wie sich das weiße
Pilzmyzel auf den Spänen ausbreitet und von oben nach unten wächst.
Wenn die Farbe weiß bleibt, dürfte alles in Ordnung sein. Die
durchwachsenen Späne sind zumindest einige Wochen haltbar. Man kann
sie bei Bedarf entehmen, um Baumstämme oder Strohballen etc. zu impfen.
Statt der Späne kann man auch Buchenholzdübel verwenden ...
um Impfdübel herzustellen.
(Oft werden auch Getreidekörner verwendet, um sogenannte Körnerbrut
zu gewinnen. Das würde ich aber aus Prinzip nicht machen, da Getreide
ein Lebensmittel und für diesen Zweck nicht nötig und zu schade
ist.)
Wenn man keine Pilzbrut hat, aber Austernpilze, kann man sie auch aus
diesen gewinnen. Statt der Brut legt man ein paar winzige Stücke
aus dem Pilz oben ins Glas auf die keimfreien Späne. Dazu braucht
man eine spitze keimfreie, abgekühlte Pinzette. Man reißt den
Pilz auseinander (würde man ihn statt dessen mit einem Messer durchschneiden,
könnten Fremdpilze von der Außenseite in die Schnittfläche
verschleppt werden). Aus der Mitte der gerissenen Fläche zupft man
kleine Stückchen und legt sie ins Glas.
Anmerkung: Bei dieser vegetativen Vermehrung - sei es Vermehrung der Pilzbrut
oder Gewinnung aus einem Pilz - wird die Vitalität langsam geringer.
Vermutlich liegt es daran, dass die lange fortgesetzte Zellteilung eine
Art Ermüdung bewirkt. Die Natur strebt schließlich kein ewiges
Kopieren an, sondern eine Erneuerung. Richtige Pilzzüchter gewinnen
daher auch immer wieder neue Pilze generativ, also über Sporen. Diese
sind oft deutlich vitaler als die alten Stämme.
Ausblick: Andere Substrate
Austernpilze wachsen auch auf Kaffesatz, Wellpappe und anderem. Beim kommerziellen
Anbau wird gehäckseltes Stroh oder Sägespäne verwendet.
Diese müssen meist pasteurisiert werden, was einen Energieverbrauch
bedeutet.
Vermutlich könnte man auch Häckselgut von Gehölzschnitt
verwenden, das im Garten oft reichlich anfällt. Da die Sterilität
von Stammholz (vgl. oben) hier nicht gegeben ist, würde es wahrscheinlich
gut funktionieren, wenn man es keimfrei machen würde, wie oben erwähnt
in einem Schnellkochtopf, nur in einem größeren. Nur leider
wäre das mit einem erheblichen Energieverbrauch verbunden.
Vielleicht lernt man die Vorlieben dieser Pilze so weit verstehen, dass
man auch ohne dieses Erhitzen auskommt. Schließlich gedeihen die
Pilze in der Natur ja auch ohne solchen Aufwand. Gehölzschnitt in
Pilze umwandeln zu können, wäre jedenfalls eine interessante
Perspektive.
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Pilze - Mitarbeiter in der Natur
Marienkäfer auf Stachelbeerzweig - bei ihm gibt's heute "Pilz"
(er frißt das Myzel des Stachelbeermehltaus).
2 . Juni 2003
Pfifferlinge als Ring
19. August 2006 auf einem Berg in Österreich
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Das Myzel ist der eigentliche Pilz.
Abgesehen von einzelligen Pilzen (z.B. Hefen) bestehen diese Lebewesen
in der Hauptsache aus dem Myzel. Es besteht aus feinen Fasern (Hyphen),
die im Boden verlaufen oder in bzw. auf dem organischen Material, von
dem der Pilz lebt.
Früher oder später bildet der Pilz Fruchtkörper, um Sporen
zu verbreiten. Oft sind auch die Fruchtkörper sehr klein und sie
fallen nur durch eine Farbänderung auf. Am Beispiel des Stachelbeermehltaus
rechts: Hier werden die befallenen Zweige im Lauf des Sommers durch die
Fruchtkörper dunkel.
Bei einem Teil der Arten werden die Fruchtkörper aber auch groß
und stehen dann "im Wald auf einem Bein". Es sind dann die Pilze
im umgangssprachlichen Sinn.
Das Myzel kann sich im Boden oft viele Meter weit ausbreiten. Im Malheur
National Forest in Oregon USA ist ein Halimasch-Myzel, das 8,8 Quadratkilometer
groß und 2400 Jahre alt ist. Es gilt als das größte Lebewesen
der Welt.
So groß muss es nicht immer sein, aber auch in unseren Wäldern
breiten sich Pilze oft weit aus. Ein sichtbares Zeichen dafür sind
die "Hexenringe". Von einem Punkt breitet sich das Myzel unterirdisch
nach allen Seiten aus. Dort erscheinen dann die Fruchtkörper entlang
eines Kreises, der jedes Jahr größer wird. Früher war
es den Menschen vielleicht unheimlich (Gedanke an Hexen), weil sie die
unterirdische Ursache nicht kannten - aber auch in der heutigen, vermeintlich
so aufgeklärten Zeit wird die Bedeutung der Pilze viel zu wenig beachtet.
Mykorrhiza - "Erweiterte Wurzeln"
Etwa 80 bis 90 Prozent der Pflanzen leben in Symbiose mit Pilzen. Die
Pilze "umgarnen" die Wurzeln der Pflanzen, um Nährstoffe
wie Zucker zu erhalten, welche die Pflanze mit Hilfe des Sonnenlichts
herstellen kann (Photosynthese). Umgekehrt erhält die Pflanze zusätzliche
Nährstoffe aus dem Boden, an die das besonders fein verteilte Pilzgeflecht
besser heran kommt.
Nährstoffspeicherung
Das "Bodenleben" hält Nährstoffe in den Lebewesen
fest. Dafür sind Pilze ein gutes Beispiel. Noch so viel Regen kann
die Nährstoffe nicht auswaschen. Wenn ein Lebewesen vergeht, werden
die Nährstoffe zwar frei, aber sie werden von anderen Lebewesen aufgefangen.
Beispiel: Ein Regenwurm zieht einen Grashalm in den Boden. Darauf wächst
ein Pilz, der den Grashalm zersetzt. Dann frisst der Regenwurm den Pilz
- und scheidet schließlich "Wurmgold" aus. Die Wurzel
einer Pflanze holt sich von dort die Nährstoffe.
Die Lebewesen halten die Nährstoffe "in der Schwebe", so
dass nichts davon versickert - wie ein Jongleur Gegenstände in der
Schwebe hält und aufpasst, dass nichts herunter fällt.
Zitat aus dem Film A Farm for
the Future (min 24:08-24:20): "He got to then learn about
all the millions of different bacteria, fungi - that are also in the soil,
that keep it fertile, cycle nutrients, hold thosee nutrients in their
bodies and release them to the plants." Übersetzt: "Dann
lernte er über die Millionen verschiedener Bakterien, Pilze - die
auch im Boden sind, ihn fruchtbar halten, Nährstoffe umsetzen, die
Nähstoffe in ihren Körpern halten und sie an die Pflanzen frei
geben." (Die entsprechende Stelle im Film ist auch sehenswert, mit
den kleinen Pilz-Fruchtkörpern, die in Zeitraffer erscheinen und
vergehen.)
Nährstofftransport
Die oft viele Meter weite Ausdehnung der unterirdischen Pilzgeflechte
legt es vielleicht nahe - sie sind prädestiniert dazu, Nährstoffe
an einer Stelle aufzunehmen und wo anders hin zu transportieren. So gleichen
sie örtliche Überangebote und Mängel aus.
Wieder aus dem oben genannten Film (min 39:59-40:12): "... and
also through beneficial fungi, which link up everything under the ground
- and move nutrients around. If there is a lot of nitrogen in one place
in the soil and a lack of nitrogen in the other, the fungi will move it
for you." Übersetzt: "... und auch durch nützliche
Pilze, die alles im Boden verbinden und Nährstoffe herum transportieren.
Wenn an einer Stelle im Boden viel Stickstoff ist und an einer anderen
ein Mangel, dann transportieren ihn die Pilze für dich."
Es leuchtet ein, dass sich ein weit reichendes Pilzgeflecht im Boden nicht
ausbilden kann, wenn der Boden jährlich gepflügt oder umgegraben
wird. Das zeigt einen Vorteil von möglichst wenig Bodenbearbeitung.
Es ist auch ein Grund, warum mehrjährige Pflanzen, am besten Bäume
(auch als Lebensmittellieferant) nachhaltiger sind, denn hier wird der
Boden kaum bearbeitet. Die unterirdische "Infrastruktur" kann
entstehen.
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